Warum NURR?    //   English version   //   Bild 1   2   3   4   5

Dr. Konstantin Ingenkamp und Daniel H. Wild trafen sich im September 2000 in der Galerie ABEL Neue Kunst, Berlin. Nachfolgend ein Auszug aus ihrem Gespräch zur Anfangszeit und den frühen Werken der BEWEGUNG NURR.

KONSTANTIN INGENKAMP: Was ist die BEWEGUNG NURR? Bis 1996 warst du Mitglied dieser Gruppe und beobachtest ihre Entwicklung seitdem aus transatlantischer Distanz sehr genau.

DANIEL H. WILD: Alekos Hofstetter, Christian Steuer und ich verfolgten 1989 mit der Gründung des Künstlerkollektivs BEWEGUNG NURR das Ziel einer programmatisch orientierten Gruppenproduktion mit kollektiver Autorenschaft. Wir haben uns von Anfang an als Einheit begriffen, allerdings glaubten wir zwischen 1989 und 1991 noch, einer Sekte ähnlich wachsen zu können und haben dieses Ziel zumindest als Option auch in Collagen und Prints untersucht. [siehe Le mouvement des cagoules, 1990, Comic, Anm. KI ]. Daraus ist nicht recht etwas geworden, jedoch sind verschiedene Kooperationen und Kollaborationen wichtiger Bestandteil unserer Geschichte.

KI: Wie ist euer Name zu erklären? Der Name NURR leitet sich aus dem arabischen Wort »nur« für Licht ab. Zielte euer Gründungsgedanke etwa auf eine kollektive Erleuchtung?

DW: Nein, wir verstehen uns als Bewegung im eigentlichen Sinne: Bewegung als Bewegung und nicht als Fort- oder Rückschritt oder als Bewegung mit zwangsläufigen oder vorhersehbaren Zielen. »Nur« ist Licht auf Arabisch. Licht ist Bewegung, ist Geschwindigkeit. Der französische Philosoph Gilles Deleuze behandelte in seinem Werk »Cinema 1. L’ Image-Mouvement« das Problem, wie sich Licht zu Bewegung verhält: Bilder sind Bewegung, sagt er, wie auch Licht Bewegung ist, aber gleichzeitig ist Bewusstsein schon in dieser Bewegung vorhanden.

KI: Ihr könnt also nicht etwa vom »Licht der Erkenntnis« sprechen, das sich nachträglich aus der Erkenntnis der Bewegung entwickelt?

DW: Im Gegenteil, Licht ist Bewusstsein oder paradox formuliert: Bewusstsein ist nicht Licht, sondern umgekehrt, Licht ist schon Bewusstsein. Mit diesem Bewusstsein lassen sich neue Möglichkeiten erschließen. Dabei handelt es sich nicht um ein dialektisches Verfahren, sondern um ein Verfahren, das fortwährend Gegensätzliches schafft und damit einen neuen Rahmen der Möglichkeiten aufzeichnet. Also kein »Entweder-Oder«-, sondern ein »Sowohl-als-Auch«-Verfahren. Dieses Verfahren ist es, welches uns bestimmte oder, wie Deleuze sagt: »Tatsächlich ist es die Rolle des Lichts, eine Beziehung zu Schwarz als Verneinung = 0 zu entwickeln, wonach eine Funktion des Lichts definiert wird als Intensität, als intensive Quantität.«

KI: Wo ist den NURR zum ersten Mal mit Werken öffentlich in Erscheinung getreten?

DW: Als Alekos Hofstetter Ende 1989 aus dem Rheinland erstmals nach Dresden reiste, bezog er dort in der Großenhainer Straße 156 eine Wohnung, und an diesem Ort wurde auch die BEWEGUNG NURR im Dezember 1989 ins Leben gerufen. Gegenüber im Hof befand sich eine frisch stillgelegte Werkstatt, die Rohrstücke und andere Installationsteile in Tauchbädern mit einer silbernen Schutzlackierung versah. Das für diesen Vorgang erforderliche Verfahren wurde von dem Inhaber Max Mouton unter seinem Familiennamen in den Fünfzigerjahren patentiert. Hier hatte sich über die jahrelange Verarbeitung der Farbe Silber eine in sich völlig abgeschlossene, silberne Welt gebildet. An diesem Ort hat die BEWEGUNG NURR gemeinsam mit dem Dresdner Bildhauer Matthias Jackisch 1990 die Moutonierte Fabrik ausgerufen, und dorthin haben wir die Dresdner Szene eingeladen. Ergebnis war eine Art mehrwöchiges Happening innerhalb eines hermetischen, silbernen Ready-Mades.

Moutonierte Fabrik, 1990 in Zusammenarbeit mit Matthias Jackisch

KI: Wie darf ich das verstehen?

DW: Die Moutonierte Fabrik war auch eine Antwort auf die Umwälzung in einem völlig durcheinander geratenen Ostdeutschland. Dresden war 1990 ziemlich anarchisch, und die Menschen waren sehr beschäftigt mit der Frage, was bleibt. Die Stadt hatte sich geleert und alles war westwärts gezogen. Geblieben war ein ästhetisches Übergewicht der Vergangenheit, und dies wollten wir brechen. Zur Einrichtung der Moutonierten Fabrik haben wir alle Hinweise auf das Endprodukt des bis 1989 durchgeführten Produktionsprozesses entfernt. Es vermittelte sich daraufhin sehr deutlich der Eindruck, als habe der Produktionsprozess der Versilberung ausschließlich des Ortes selbst gedient und der Raum sei nach Abschluss dieses Prozesses – der gemessen an der Länge der Stalaktiten und Stalagmiten ewig gedauert zu haben schien – sich selbst überlassen worden. Wir haben den Leuten gesagt: Kommt hier hinein. Hier ist es besser als draußen, denn hier ist Zeit überwunden. Es war ein märchenhaftes Intervall sozialer Zeitlosigkeit. Nachdem unsere Moutonierte Fabrik über zwei Monate öffentlich zugänglich war, haben Mathias Jackisch und Alekos Hofstetter dort auch Skulpturen und Malerei gezeigt. Heute würde ich dies als den weniger interessanten Teil dieser Geschichte begreifen. Wichtig war der Akt der Trans-Lokation: Über den Zugang zu dieser silbernen Welt versuchten wir ein Netz an Bedeutungen, das Verschiebungen und Überlagerungen gestattet, zu entwerfen.

KI: Als ich die wenigen erhaltenen Photographien der Moutonierten Fabrik sah, musste ich zunächst an Andy Warhols Factory denken. Gab es hier eine direkte Bezugnahme?

Andy war sofort einverstanden, 1990

DW: Gewiss. Erhalten aus dieser Zeit ist jedenfalls auch einer unserer sogenannten Copyprints Andy war sofort einverstanden [1]. Warhol hat uns damals interessiert in Bezug auf die scheinbare Negation von Autorschaft, und hier spielt natürlich seine Factory eine Rolle. Wir standen als Kollektiv Warhol kritisch gegenüber. Auch wurde ihm damals schon vorgeworfen, eine Art Doppelagent in der Kunstgeschichte gewesen zu sein, dass er die temporären Leerstellen, die er durch Zurückweisen traditioneller Autonomie und der bestehenden Autorität im Kunstsystem schuf, sofort wieder selbst besetzte: also sich an die Spitze eines sich über Figuren wie ihn ständig reproduzierenden Star- bzw. Kunstsystems setzte, das sich in Dresden ja erst neu etablieren musste. Andy Warhol bot sich uns hier als hochverdichtetes Exempel für unsere Überlegungen zum Überleben als Kollektiv bestens an.

KI: Ihr habt euch damals als Alternative – vor dem Hintergrund eurer Arbeit als Kollektiv – begriffen?

DW: Alternative wofür? Du meinst wir hätten uns überlegt, als die Alternative in der Kunstszene in Erscheinung zu treten: die BEWEGUNG NURR im Sonderangebot? Nein, uns hat mehr interessiert, wie man uns als einem Kollektiv begegnet. Was sagen die anderen dazu? Manchmal hat man den Eindruck, es wird bei einem Kollektiv immer ein subversiver Touch erwartet. Die Frage nach der Möglichkeit von Subversion ist auch immer eine Frage nach der Herleitung des Begriffs. Meistens wird in der bildenden Kunst, das was nicht passt, passend gemacht und es reduziert sich auf eine Vermarktungs- und Deklarationsfrage.

KI: Welches abschreckende Beispiel würdest du denn anführen?

DW: Ein gängiges pseudo-subversives Argumentationsmuster, mit dem wir in unserer Geschichte mehrfach konfrontiert wurden, ist zu sagen, das Kunst-System fordert zwar Namen und Autoren, aber – und hier kommt nun eine Art Taschenspielertrick – man solle den Namen nicht individuell, wie das traditionelle Kunst-Gesetz es vorsieht, ausfüllen, sondern einfach durch eine Mehrzahl von Personen. So argumentiert z. B. auch der Kurator und Kritiker Matthias Michalka. Durch kollektives Arbeiten unter einem Namen sei es möglich, zunächst Identitätsansprüchen nach außen hin zu genügen, im Inneren aber sei über permanente demokratische Veränderungen sicher zu stellen, dass die Wiederholungen des Namens Verschiebungen mit sich bringt und dadurch auf das Gesetz selbst rückwirkt. In diesem Zusammenhang bemüht Michalka Louis Althussers Polizisten.[2] Derartige Vorteile können wir nicht erkennen. Warum gibt es mittlerweile keine Rückwirkung mehr? Der Polizist sagt bei uns nur noch: »Hier gibt es nichts zu sehen, bitte gehen Sie weiter!« Zudem grübeln wir nicht die ganze Zeit über unseren Stellenwert. Wir wollen die Verwandten aus den abstürzenden Systemen evakuieren und nicht kollektiv irgendwelchem Irrglauben verfallen.

KI: Woran glaubt ihr noch?

LICHT, 1996

DW: Glaubensfragen sind hier irrelevant. Subversion bestimmt nicht die Systementwicklung, sondern ist immanent, und in diesem Bewusstsein produzieren wir auch Kunst. Natürlich haben wir auch Verständnis, dass diese Einsicht desto schwerer fällt, um so stärker subversives Image als Anforderungsprofil auf dem Markt, natürlich bei einem Künstlerkollektiv genauso wie bei einem Kurator, vorausgesetzt wird.

KI: Nun zum Tod von Schrödingers Katze, und was Andy Warhol damit zu tun hatte.

DW: In dem Copyprint von 1991 zeigen wir Warhol als Experimentator, der eine Black Box, symbolisierend den ganzen Komplex unserer ungeklärten Fragen bezüglich der Perspektiven eines Daseins als Kollektiv, durch seine Factory trägt, während Schrödingers Katze noch quicklebendig sich zu seinen Füßen bewegt. Wir haben gedacht, in dem Moment, in dem Andy die Katze in die Black Box steckt, werden Antworten wahrscheinlicher.

KI: Und?

DW: Die Antwort unserer Überlegung gaben wir 1992 mit einer Graffiti-Aktion Schrödingers Katze ist tot! in der Dresdner Äußeren Neustadt bekannt. Diese Arbeit bezieht sich auf das Verhältnis Information = Wirklichkeit in einer Zeit des Umbruchs der Moderne. Grundlage bildet das quantenphysikalische Gedankenexperiment des österreichischen Physikers Erwin Schrödinger: Eine Kiste, darin eine Katze und eine Höllenmaschine, bestehend aus einer tödlichen Dosis Gift, einer winzigen Menge radioaktiver Substanz und einem Zündmechanismus, der das Gift freisetzt, sobald eines der radioaktiven Atome zerfällt – der Katze sicherer Tod. Ist der Deckel zu, kann niemand sagen, ob die Katze tot oder lebendig ist. Denn keiner weiß, ob ein Atom zerfallen ist und den tödlichen Mechanismus ausgelöst hat. Wissen kann man das erst, wenn man nachsieht. Aber wie ist der Zustand der Katze, bevor jemand nachsieht: tot, lebendig oder beides? Es ist falsch zu sagen, die Katze sei gleichzeitig tot und lebendig. Das ist eine Aussage, die man grundsätzlich nicht überprüfen kann. Denn es gibt kein Experiment, das auf die Frage »ist die Katze gleichzeitig tot und lebendig?« eine Ja/Nein-Antwort gestattet. Die Frage ist also unsinnig. Es entsteht eine Situation, wo grundsätzlich nicht mehr zu sagen ist, ob sie tot oder lebendig ist – und grundsätzlich heißt: nicht nur die Physiker können das nicht sagen, sondern niemand. Aus diesem Grund muss der Zustand der Katze wohl als eine Überlagerung von tot und lebendig betrachtet werden.

KI: Soweit Schrödingers Experiment und nun zu euch.

DW: Wir konzentrierten uns auf die Frage, was wäre, wenn man da mal nachschaut. Wir haben es getan und haben in unserer Graffiti-Aktion behauptet »Schrödingers Katze ist tot!« Dies machten wir durch die Graffiti öffentlich. Allerdings, auch wenn uns das Tier lebendig in die Hände geraten wäre, hätte dies zumindest für die Physik wohl durch die Eindeutigkeit der Antwort an dem nun folgenden Szenario nichts geändert. Es kam in Dresden unabwendbar zu dem berühmten Kollaps der Wellenfunktion.

KI: Potzblitz! Was meint dies?

DW: Kollaps der Wellenfunktion meint nichts anderes, als dass wir unsere Information ändern müssen, weil neue Informationen dazu gekommen sind. Bevor wir behaupteten, nachgeschaut zu haben, ist der Zustand des Systems eine Überlagerung von tot und lebendig. Beide Zustände waren vorhanden – und das ist eine vollständige Information. Mehr gab es nicht. In dem Moment aber, wo man in die Kiste hineinschaut, verschwindet eines von beiden – und die Katze ist dann eben tot oder lebendig. Die Physiker nennen das Kollaps, weil einer von beiden Zuständen spontan verschwindet.

KI: Aber was hat die Quantenphysik für NURR für Konsequenzen gehabt, und vor allem, was hat dies alles mit den Graffiti in den Straßen der Neustadt 1992 zu tun?

DW: Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, meine Kenntnisse der Quantenphysik sind sehr beschränkt, und für uns stand der Bedeutungstransfer in unsere eigene Wirklichkeit im Vordergrund. Wir waren von einem gewissen Sendungsbewusstsein getrieben, hatten eine für uns neue Erkenntnis gewonnen und hielten diesen Gedanken über das Verhältnis von Wirklichkeit zu Information, vor dem Hintergrund der Ruinen der Deutschen Demokratischen Republik, für relevant. Nachdem die Katze also tot war, mussten wir den Zustand »lebendig« streichen. Wir konnten nur die Information kommunizieren, die wir hatten: Schrödingers Katze ist tot! Es ging darum, die Rolle von Information in unserem Verhältnis zur Realität in Dresden zu bewerten.

KI: Selbst wenn ihr behauptet hättet, die Katze sei lebendig, hätte dies nicht an der Wahrscheinlichkeit, dass einem Teil der Passanten in der Neustadt weder der Herr Schrödinger noch seine Katze bekannt waren etwas geändert.

DW: Absolut richtig! Wir hatten eine Information aus einem in der Wissenschaft eindeutigen Kontext in eine Art »Kein-Deutigkeit« verpflanzt, und sie blieb dort als Graffiti zurück.

KI: Worum ging es Euch bei Utopie einer Bewegung? Handelt es sich bei diesem Werk mit seinen vier schwarz-weißen Bildern und dem Video GENESUNG um eine Selbstbetrachtung eurer Gruppe?

DW: Thema war die Unmöglichkeit einer sich übereinstimmend überlagernden Selbstbetrachtung dreier Personen. Wir wollten nicht, dass sich hieraus für uns etwas Unauflösbares entwickelt. Unsere Lösung war der Versuch, ein Werk zu schaffen, das nicht wir betrachten, sondern das uns betrachtet. Wir wollten uns mit Utopie einer Bewegung eine Orientierungshilfe schaffen, die uns vor Irrwegen in der Kunst abhält. Es ging um die Benennung von Risiken und Möglichkeiten. Wir haben versucht, dies anhand von fünf Werken zu fünf Begriffen zu leisten: Verfahren, Zeichen, Wert, Form und Genesung. VERFAHREN bezieht sich auf die Selbstorganisation im Kollektiv. Wichtig ist, dass in der Gruppe Verfahrensfragen aus komplementären Perspektiven betrachtet werden. Die Vernetzung vieler Teilaspekte führt dazu, dass sich Gewichtungen ergeben und eine gemeinsam getragene Lösung gefunden werden kann. Es werden immer wieder neue Sinnzusammenhänge entdeckt. Das klingt sehr kreativ und spielerisch und lässt einen nur allzu leicht vergessen, dass die verschiedenen Sichtweisen notwendigerweise kontingent sind, also letztlich zufällig und immer auch anders sein könnten.

KI: Handelt es sich dann bei VERFAHREN um ein Spiel mit Differenz und Illusion der Differenz, ein Testverfahren für einen metaphorischen Vergleich?

DW: Eine Übersetzung des sich über die Gruppe entwickelnden Erkenntnisfindungsprozesses in ein konkretes Kunstwerk ist immer auch anders möglich. Aber unser Weg, genau diese Aussage in einem Kunstwerk zu binden, kann für den Betrachter nur über einen logischen oder erfahrungsmäßigen Zusammenhang veranschaulicht werden: also über eine Übertragung. Von mir aus auch Metonymie oder durch Wiederholungszwang. Wir haben Spielfelder abgebildet und es als VERFAHREN betitelt.

VERFAHREN, 1996 und WERT, 1995

KI: Ist die Tätowierung auf dem Oberarm von Christian Steuer Zeichen einer gewissen Überidentifikation mit eurem Kollektiv?

DW: Des öfteren erklären sich ja Künstler selbst in der einen oder anderen Weise zur Kunst, zum lebenden Kunstwerk. Wir wollten nachschauen, wo das endet.

KI: Wo denn?

DW: Man bleibt nur, wo man schon ist. Der Kunstmarkt inszeniert Künstler und Werk als Ereigniseinheit, und wenn man dem entgegenkommt, kann man sich zwar vielleicht besser positionieren, aber der Versuch selbst Abstraktion oder Zeichen zu werden durch Überassimilation, führt zu einem Grad von Integration in das System, der einen letztlich unsichtbar werden lässt. ZEICHEN ist Bild einer Überführung in eine gleichgültige Mehrdeutigkeit. »N« kann hier als Zeichen für »Norden«, »Nordpol«, »Nation«, »NURR« oder für was auch immer gelesen werden. Es ist wirklich völlig egal.

KI: Neben ZEICHEN und dem niemals eröffneten Discountmarkt in der Neustadt (WERT) geistert ja auch Malewitsch durch eure Utopie einer Bewegung.

DW: Mit dem Halbpreismarkt wollten wir eine Aussage treffen zu der differentiellen Wertigkeit der im Bild vorhandenen Informationen: ein Markt, in dem Waren zum halbierten Preis angeboten werden und der laut Untertitel niemals eröffnet wurde. Sofort bemerkbar ist die Abwesenheit von Informationen. Der Rolladen ist unten und war wohl auch nie hochgezogen, und somit lassen sich auch keine Angaben über die Art der Ware machen. Also bleibt folglich offen, welcher Wert halbiert wurde. Die Bezeichnung Halbpreismarkt für diesen Laden ist eine »einsame« und der Halbpreismarkt dekonstruiert sich selbst in ein leeres Bedeutungsfeld.

ZEICHEN, 1995 und FORM, 1996

KI: Nun bin ich aber auf das weiße Quadrat auf D’Annunzios Pullover gespannt.

DW: Mit FORM wollten wir der Sehnsucht begegnen, etwas außerhalb von Raum, Zeit und Geschichte stehendes zu finden. Die meisten Menschen sehnen sich nach etwas, an dem man sich festhalten kann. Das »Schwarze Quadrat« bot sich als gute Vorlage an, denn es wird gesagt, es sei ein die Grenzen der möglichen Erfahrung, des sinnlich Wahrnehmbaren überschreitendes Bild – das Ergebnis einer Rückführung jedes beliebigen sinnfälligen Bildinhalts. Ein Zeichen für die reine Form der Anschauung. Malewitsch glaubte, der Fortschritt strebe dem absoluten Nichts entgegen. Sein »Schwarzes Quadrat« sollte den totalen Fortschritt durch Überholen überwinden. Wir haben für uns geprüft, ob hier nicht ein Irrtum vorlag: War das »Schwarze Quadrat« nicht selbst Teilaspekt des Fortschritts, und Malewitsch hat nur eingeholt, ohne zu überholen? Für uns steht das Individuum nicht im Ursache-Wirkungs-Verhältnis mit dem Fortschritt eines Systems. Dies änderte aber nichts an der dann immer noch offenen Frage, ob unser System durch Fortschritt mit dem Nichts bedroht ist. Um dem »Schwarzen Quadrat« die sichtbare Qualität eines Korridors ins Nichts zu ebnen, mussten wir es weißen und es als Durchblick nutzen. Hier wiederum erschien uns als Auflagefläche, die es zu durchstoßen galt, der Wollpullover von D’Annunzio gut geeignet. D’Annunzio als genialisches Individuum, Symbolfigur lächerlichen heroischen Interventionismus’ hat ihn der Nachwelt als Reliquie seiner Heldentat, seines tollkühnen Flugs über Wien hinterlassen. Für Malewitsch war das »Schwarze Quadrat« wohl eher eine Grundlage und eine Handlungsanleitung; für uns dagegen ist das weiße Quadrat in FORM einer oberflächlichen Aussicht in die Leere durch das abwesende Individuum hindurch geworden. Für einen Flug ins Nichts sollte man warm angezogen sein.

KI: Das Video der Umrundung der auf dem Kopf stehenden Skulptur »Genesung«[3] setzt sich in seiner grellen Farbigkeit doch ziemlich ab von der Schwarz-weiß-Ästhetik der vier Bilder. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Darstellung der »Genesung« einem Heilsversprechen eurerseits gleichkommt.

DW: Richtig, darum ging es gar nicht. Wir haben uns nur gefragt, genügt es, eine Sache umzukehren, um ihre Substanz zu verändern? Und die Antwort lautete natürlich: nein. Durch diese Umkehrung haben wir am Wesen der »Genesung« etwas geändert, aber ganz bestimmt nichts am Kunstsystem.

 

 

[1] Bei den Copyprints der BEWEGUNG NURR handelt es sich um Fotokopien von collagierten Zeichnungen auf Papier, siehe auch Alphabetic Borders, slide positivsm (a-k). Die meisten dieser Copyprints sollten auch als Vorlagen zur weiteren Vervielfältigung durch Siebdruck dienen, was aufgrund fehlender Mittel bis heute nicht erfolgte.

[2] Matthias Michalka zitiert in seinem Vortrag im Kunstverein Ludwigsburg 1998 Judith Butlers Erklärung des Begriffes des Zurufs bei Althusser: »Bei Althussers Begriff der Anrufung geht der Zuruf oder die Ansprache, von der ein Subjekt konstituiert wird, von der Polizei aus. Es gibt einen Polizisten, der nicht bloß das Gesetz verkörpert, sondern dessen Zuruf ›He, Sie da!‹ auch die Wirkung hat, das Gesetz mit dem zu verbinden, der angesprochen ist. Diese Einzelne bzw. dieser Einzelne, der vor dem Zuruf scheinbar nicht gegen etwas verstoßen kann (...) ist kein vollständiges soziales Subjekt, ist nicht vollständig subjektiviert, denn ihr oder ihm wurde noch kein Verweis erteilt. Der Verweis unterdrückt oder kontrolliert nicht bloß das Subjekt, sondern bildet einen bedeutenden Teil der juridischen und sozialen Formierung des Subjekts. Der Zuruf ist genau deshalb formativ, wenn nicht sogar performativ, weil er das Individuum in den unterworfenen Status des Subjekts einweist. « Butler selbst folgert daraus: »Ich möchte betonen, daß der Gebrauch der Sprache ermöglicht wird, indem man zuerst beim Namen genannt wurde; die Besetzung des Namens ist das, wodurch man ganz ohne eine Wahl, im Diskurs situiert wird. Dieses ›Ich‹, das durch die Häufung und die Konvergenz solcher ›Rufe‹ hervorgebracht wird, kann sich nicht selbst aus der Geschichtlichkeit der Kette von Anrufungen herauslösen oder sich aufrichten und sich mit jener Kette konfrontieren, so als sei sie ein Objekt, das mir gegenübersteht, das ich nicht bin, sondern nur das, was andere aus mir gemacht haben.« Anders als Althusser aber betont Butler die Möglichkeiten, die der Angerufene hat, sich dem Gesetz gegenüber zu verhalten, auch wenn er sich diesem nie entziehen kann. Der Zwang, den wiederkehrenden Anrufungen Folge zu leisten, die eigene Identifikation zu wiederholen, ist nach Butler nicht gleichbedeutend mit dem Zwang, sie in gleicher Weise zu Wiederholen. »Wo die Einheitlichkeit des Subjekts erwartet wird, wo die Verhaltenskonformität des Subjekts befohlen wird, könnte die Ablehnung des Gesetzes in Form einer parodistischen Ausfüllung der Konformität erzeugt werden, die die Legitimität des Befehls subtil fragwürdig macht, eine Wiederholung, die das Gesetz in die Überdeterminierung hineinzieht, eine Neuformulierung des Gesetzes gegen die Autorität desjenigen, der es hervorbringt. Hier erzeugt die performative Äußerung, der Ruf des Gesetzes, der ein gesetzmäßiges Subjekt zu erzeugen trachtet, eine Reihe von Folgen, die über das hinausschießen und das durcheinanderbringen, was dem Anschein nach die disziplinierende Absicht ist, das Gesetz herbeizuführen.«

[3] Bei der Skulptur »Genesung« handelt es sich um ein Werk des Bildhauers Prof. Felix Pfeifer. Die Geschichte vom Tode Felix Pfeifers durch das Umfallen dieser Plastik in seinem Leipziger Atelier am 5. März 1945 ist in Sachsen sehr populär. Er wurde von der »Genesung« erschlagen. In den Sechzigerjahren hat seine Witwe der Stadt den dritten Abguss zur Aufstellung im Dresdner Rosengarten geschenkt.

 

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Why NURR ?   //   translated by Tom Morrison   //   pic 1   2   3   4   5

Daniel H. Wild talked to Dr. Konstantin Ingenkamp in the ABEL Neue Kunst gallery in September 2000. The following excerpt from the interview deals with the early days and works of BEWEGUNG NURR.   //   translated by Tom Morrison

KONSTANTIN INGENKAMP: What is BEWEGUNG NURR? You were a member of the group until 1996, then from a transatlantic distance closely followed its subsequent development.

DANIEL H. WILD : When Alekos Hofstetter, Christian Steuer and I founded the artists’ collective BEWEGUNG NURR in 1989 we were pursuing the objective of a programmatically minded group production within a collective authorship. From the outset we saw ourselves as a unit, although in the period 1989–91 we still believed we would be able to proliferate the way a sect does, and we also examined this aspiration – at least as an option – in collages and prints. [See the 1990 comic Le mouvement des cagoules]. It never really came to anything, but various models of cooperation and collaboration remain an important part of our history.

KI: How would you explain the name? NURR comes from the Arabic »nur«, the word for »light«. Did you have a notion of something like collective enlightenment when you established the group?

DW: No, we see ourselves as a movement in the literal sense: Movement as motion, but not necessarily forward or backward, or with mandatory or foreseeable goals. »Nur« means light in Arabic. Light is movement, speed. In his »Cinema 1. The Image-Movement« the French philosopher Gilles Deleuze dealt with the issue of how light relates to movement: Images are movement, he says, just as light, too, is movement. But at the same time consciousness is already present within this movement.

KI: So you can’t speak for example about the »light of realisation« which subsequently develops from awareness of movement?

DW: On the contrary, light is awareness or, to use a paradoxical formulation: Awareness is not light, but the opposite – light is already awareness. New possibilities can be accessed with this awareness. It’s a matter not of a dialectic process but of one which constantly creates opposites, and in doing so creates a new framework of possibilities. So the process is not one of »either-or«, but of »both-and-yet«. It is this process that defined us, or as Deuleuze puts it: »In fact it is the role of light to develop a relationship to black as negation = 0, according to which the function of light is defined as intensity, as intensive quantity.«

KI: So when did NURR first appear in public with its work?

DW: When Alekos Hofstetter made his first journey to Dresden from the Rhineland in late 1989, he moved into a flat at Großenhainer Straße 156, and BEWEGUNG NURR was called into life at that address in December 1989. Opposite his window in the yard outside was a closed-down workshop that had formerly been used to immerse pipe sections and other installation fittings and give them a silver protective coating. The owner Max Mouton had patented the particular process under his surname in the 1950s. In the course of years spent working with silver coating, his workshop had turned into a completely secluded silver world. And it was there that in 1990 BEWEGUNG NURR together with the Dresden-based sculptor Matthias Jackisch officially opened the Moutonierte Fabrik [Moutonised Factory] and invited the Dresden art scene to come and visit. The result was a kind of several-week happening staged inside a hermetically sealed silver ready-made.

Moutonised Factory, 1990 in cooperation with Matthias Jackisch

KI: Can you explain what you mean?

DW: The Moutonierte Fabrik was also a response to the turbulent changes in East Germany, which was in a state of utter confusion. Dresden was fairly anarchistic in 1990, and people were preoccupied with the question of what would remain. The city had emptied – everybody had gone West. What remained was the aesthetic dominance of the past. And we wanted to break it. While setting up the Moutonierte Fabrik we removed any evidence pointing to the end products gained by the manufacturing process carried out until 1989. The impression was now very clearly that the object of silverplating had been the location itself, and once the task was accomplished – and judging by the length of the stalactites and stalagmites, it must have taken a very long time – the place had been left to ist own devices. We said to the people: Come in. Inside here it’s better than outside – here, time has been overcome. It was a fairytale-like period of social timelessness. More than two months after the Moutonierte Fabrik opened, Matthias Jackisch and Alekos Hofstetter started showing their sculptures and paintings there, too. Today I would view that episode as less interesting. What was important was the act of translocation: by approaching this silver world we were attempting to establish a network of meanings which allowed thematic shifting and overlayering.

KI: When I saw the few surviving photographs of the Moutonierte Fabrik I immediately thought of Andy Warhol’s Factory. Was there any direct reference?

Andy Agreed Immediately, 1990

DW: Sure. Something else surviving from that period is one of our so-called copy prints, Andy war sofort einverstanden [Andy agreed immediately] [1]. Warhol interested us at the time in regard to the apparent negation of authorship, and of course his Factory was relevant to the issue. As a collective we took a critical view of Warhol. People were already beginning to view his role as that of a double agent in art history, and accusing him of having immediately leapt in to fill the temporary vacuums he first created by rejecting the traditional autonomy of the artist and the existing authority of the art system. In other words, Warhol was at the top of a star and/or art system undergoing constant self-reproduction over figures like his own, although in Dresden such a system had first to be established. In regard to our thoughts about surviving as a collective, the highly concentrated example of Andy Warhol was ideal.

KI: You mean you already saw yourselves as offering some alternative in view of your collective mode of operation?

DW: An alternative to what? You mean we were thinking about bursting onto the art scene as an alternative choice: BEWEGUNG NURR on special offer? No, we were interested more in how people would react to us as a collective. What would the others say? Sometimes you get the impression that people automatically expect collectives to have a subversive touch. The question about the possibility of subversion also is always a question about the derivation of the term itself. In the visual arts people tend to make whatever doesn’t fit in fit in, reducing the whole question to one of marketing or labelling.

KI: Could you state an example?

DW: A common pseudo-subversive pattern of reasoning we met throughout our history is to say that although the art system promotes names and authors, one should not – and this is where a kind of sleight of hand comes in – sign a work with an individual name as stipulated by the traditional law of art, but simply replace it by several names instead. The curator and critic Matthias Michalka, for example, uses the same argument. He asserts that by working collectively under one name it is possible to satisfy the external demand for individuality, but at the same time an ongoing process of internal democratic change can ensure that each repetition of the name is accompanied by a shift, thus reverberating on the democratic law. Michalka refers in the same context to Louis Althusser’s policeman.[2] We fail to recognize any such advantage. Why are there no longer any repercussions? In our case the policeman by now merely states »There is nothing to see here, keep moving!« In addition, we don’t spend the whole time pondering the question of our value. We want to evacuate our affinities from collapsing systems rather than collectively succumb to some kind of erroneous belief.

KI: So what do you believe in still?

LICHT, 1996

DW: Questions of faith are irrelevant here. Subversion does not define how a system develops, but is immanent to the system. Of course, we can understand that others find this increasingly difficult to accept the more a subversive image becomes a market prerequisite – for an artists’ collective no less than for a curator.

KI: Now on to the death of Schrödinger’s cat. What did Andy Warhol have to do with it?

DW: In the copy print of 1991 we show Warhol as the experimenter; he is carrying through his Factory a black box symbolising the entire complex of our unresolved questions in regard to the perspectives of existing as a collective, while at his feet Schrödinger’s cat is fit as a fiddle. We thought that at the moment Andy put the cat inside the black box, then answers would be more probable.

KI: And?

DW: We announced the answer in 1992 in our graffiti action Schrödingers Katze ist tot! [Schrödinger's cat is dead !], which took place in a quarter of Dresden called Äussere Neustadt. The answer to this work is tied to the relationship information = reality in times of radical change in modernity. The basis is a quantum-physics »gedankenexperiment« by the Austrian physicist Erwin Schrödinger. A box, inside it a cat and an infernal machine consisting of a lethal dose of poison, a tiny quantity of a radioactive material, and an ignition mechanism that releases the poison as soon as one of the radioactive atoms disintegrates – bringing sure death to the cat. If the lid is closed, then nobody can say whether the cat is dead or alive. For nobody knows if an atom has disintegrated and triggered the lethal mechanism – to know, you would have to look inside. But what state is the cat in before somebody looks inside: dead, alive, or both? It is wrong to say the cat is simultaneously dead and alive. Such a statement cannot be verified. For no experiment exists that permits a yes/no answer to the question, »Is the cat simultaneously dead and alive?« The question is therefore nonsensical. A situation arises in which it is fundamentally no longer possible to say whether it is dead or alive; and in this case fundamentally means: it is not just the physicists who are unable to make a pronouncement. Nobody can. For this reason the state of the cat must probably be viewed as a superimposition of dead over alive.

KI: So much for Schrödinger’s experiment. And now to you.

DW: We concentrated on the question of what would happen if somebody looked inside. We did exactly that and in our graffiti action we asserted: »Schrödinger’s Cat Is Dead!« Our graffiti made the knowledge public. However, even if we’d found a cat that was alive and kicking, the explicitness of the answer would have meant that, in terms of physics at least, the follow-on scenario would have been the same, namely the collapse of the wave function. And that is what immediately occurred in Dresden.

KI: Zounds! What does that mean?

DW: A collapse of the wave function means nothing less than the necessity to alter the existing information because new information has been added. Before we claimed to have peeped in the box, the state of the system was a superimposition of dead and alive. Both states were existent – and that was a complete item of information. There was nothing more. The moment one looks inside the box, however, one of the two possibilities vanishes, and the cat is dead or alive. That is what physicists term a collapse: one of two states spontaneously vanishes.

KI: But what consequences did quantum physics have for NURR, and above all, what did all this have to do with the graffiti in the streets of Dresden-Neustadt in 1992?

DW: To avoid any misunderstanding, let me emphasise that my knowledge of quantum physics is very limited, and for us the main thing was the transfer of meaning into our own reality. We were driven by a certain sense of mission, had gained what was for us new knowledge, and in our opinion this notion of the relationship of reality to information was relevant in a situation where the ruins of the German Democratic Republic were all around us. So after the cat was dead, we had to cancel the state »alive«. We could only communicate the information we possessed: Schrödinger’s cat is dead! It was a question of evaluating the role played by information in our own relationship to the reality of Dresden.

KI: Even if you’d claimed that the cat was alive, that would not have altered the probability that passers-by in the new town were familiar neither with Schrödinger nor his cat.

DW: Absolutely correct! We had transplanted an item of information out of its scientifically explicit context into a kind of »no-niqueness«, and there it remained as graffiti.

KI: What was the group concerned with in Utopie einer Bewegung [Utopia of a Movement]? Is this work with its four black-and-white pictures and the video Genesung a self-contemplation?

DW: The subject was the impossibility of harmoniously overlayering the self-contemplation of three different people. We didn’t want that to lead to an insoluble problem for the collective. Our solution was the attempt to create a work that contemplates us instead of us contemplating it. With Utopie einer Bewegung we wanted to create an orientation aid that prevents us from straying from our chosen path in art. It was about designating risks and chances. And we tried to achieve that with five works dedicated to five concepts: »Verfahren«, »Zeichen«, »Wert«, »Form« and »Genesung« [procedure, sign, value, form, recovery]. VERFAHREN relates to the self-organisation within the collective. The important thing is that questions of procedure are viewed from complementary perspectives inside the group. The networking of a number of sub-aspects leads to accentuations and the possibility of finding a solution to which we all agree. We’re constantly discovering new contexts of meaning. Because that all sounds very creative and playful, it’s easy to forget that the various perspectives are inevitably contingent, in other words ultimately random, and could always be different.

KI: Is VERFAHREN a play on difference and on the illusion of difference, then, a test procedure for a metaphorical comparison?

DW: It’s always possible to choose another way of transferring the group’s cognitive process into a palpable work. But our way of binding precisely this message in a work can be illustrated for the viewer only over a logical or empirical context: over a transfer. Metonymy, for all I know, or by compulsory repetition. We imaged playing fields, and gave it the title of VERFAHREN.

VERFAHREN, 1996 and WERT, 1995

KI: Does the tattoo Christian Steuer sports on his upper arm indicate a certain over-identification with your collective?

DW: Artists have often been known to declare themselves as art, to be living work of art, in some way or another. We wanted to see where it would end.

KI: And?

DW: One simply remains on the spot. The art market stages the artist and his work as an integrated event, and if you play along you can maybe strengthen your position, but any attempt to become an abstraction or a sign by over-assimilation leads to a degree of integration in the system that ultimately renders you invisible. ZEICHEN stands for a transition into indifferent multivalence. Here you can read N as a symbol for North, North Pole, Nation, NURR or whatever you please. It doesn’t make a bit of difference.

KI: Alongside ZEICHEN and the never-opened discount store (WERT) in Dresden-Neustadt, Malevich too appears throughout your Utopie einer Bewegung.

DW: With our half-price store (WERT) we wanted to say something about the differential value of information existing in a picture: a market in which the goods are sold at half-price and, as the subtitle says, was never opened. One is instantly struck by the absence of information. The shutter is down, and was probably never raised, meaning the viewer is completely in the dark about the nature of the items on sale. As a result it’s impossible to know which value has been halved. This shop’s designation as a »half-price market« is »isolated«, and the half-price market undertakes its own deconstruction into an empty field of meaning.

KI: Now I can’t wait to hear about the white square on D’Annunzio’s pullover.

ZEICHEN, 1995 and FORM, 1996

DW: FORM was our way of confronting the yearning to find something outside space, time, and history. Most people long for something they can hold onto. The »Black Square« was obviously a good model, for it is said to be an image that transcends the borders of possible experience, of that which permits sensory perception – the result of a reduction of any particular visual content. A sign for the pure form of contemplation. Malevich believed that progress aspired towards absolute nothingness. His »Black Square« was supposed to overcome total progress by overtaking it. We examined for our purposes whether some mistake had perhaps been made: Was the »Black Square« not itself a subaspect of progress, and had Malevich merely caught up without overtaking. As we see it, the individual is not part of a cause-and-effect relationship with the progress of a system. However, this changed nothing about the question of whether our system is threatened by nothingness through progress. In order to striate the »Black Square« with the visible quality of a corridor into nothingness, we had to whitewash it and use it as a glimpse into the future. Here, in turn, D’Annunzio’s wool sweater seemed appropriate as the contact surface which had to be penetrated. D’Annunzio as an individual of genius, the symbol of ludicrously heroic interventionism, bequeathed the pullover to posterity as a relic of his heroic deed, his foolhardy flight over Vienna. For Malevich the »Black Square« would seem to have been more a basis and a manual; whereas for us the white square in FORM has become a superficial view into emptiness piercing through the absent individual. You have to dress warmly for a flight into nothingness.

KI: The garish colours in the video of the sculpture »Genesung« [3] standing on its head rather sets it apart from the black-and-white aesthetic of the four pictures. I can’t imagine that this representation of »Genesung« is a promise of salvation on your part?

DW: Correct, that was not the point at all. We just wondered whether turning something on its head was enough to change its substance. And the answer, of course, was no. This inversion changed something of the nature of »Genesung«, but quite certainly nothing about the art system.

 

[1] The copy prints of BEWEGUNG NURR are copies of collaged drawings on paper; see also Alphabetic Borders, slide positivism (a-k). Most of these copy prints were also supposed to serve as masters for further reproduction by screenprinting, which due to lacking funds has so far failed to take place.

[2] In a lecture delivered at the Ludwigsburg Kunstverein in1998, Matthias Michalka cites Judith Butler’s explanation of Althusser’s notion of interpellation. Butler wrote that the hail, or summons, by which a subject is constituted emanates from the police. There exists a policeman who embodies not merely the law, but whose call »Hey, you!« also has the effect of connecting the law with the subject addressed. This individual, who was apparently unable to violate a law prior to the hail is not a complete social subject, is not entirely subjectivised, because he or she has not yet been reprimanded. The reproof does not merely repress or control the subject, but amounts to a significant component of the legal and social formation of the subject. The hail is formative, if not to say performative, precisely because it relegates the individual into the subjugated state of the subject. From this Butler concludes that the usage of language is made possible by the initial reference by name to the individual; the occupation of the name is that by which one is situated, wholly without choice, within a discourse. This »I« which is brought forth by the accumulation and convergence of such »hails« cannot detach itself from the historicity of the chain of hails, nor can it stand up and confront the chain as if the latter were an object opposite me that I myself am not, but instead only that which others have made of me.In contrast to Althusser, however, Butler emphasises the hailed individual’s possibilities of reacting to the law, even if the law can never be completely ignored. The compulsion to obey the recurrent hails, to repeat one’s own identification, is according to Butler not identical with the compulsion to repeat them in the same way. Where the uniformity of the subject is expected, she says, or where the behavioural conformity of the subject is ordered, the rejection of the law could be generated in the form of a parodistic compliance with conformity which renders subtly questionable the legitimacy of the command; a repetition that draws the law into overdetermination; a reformulation of the law against the authority of the one who produces it. Here the performative articulation, the summons of the law aspiring to generate a lawful subject, produces a series of consequences which overshoot this aim and confuse that which is apparently the disciplining intention of enforcing the law.

[3] The sculpture »Genesung« was made by Prof. Felix Pfeifer. The tale of how the sculptor was crushed by this work when it toppled over in his Leipzig studio on 5 March 1945 has entered into the popular folklore of the German state of Saxony. In the 1960s, his widow donated to Dresden the third cast of the sculpture, which was installed in the city’s Rosengarten park.