"9841"

9. Juni bis 16.Juli 2010 - Temporäres Denkmal für Johann "Rukeli" Trollmann

Ein Projekt der BEWEGUNG NURR (Alekos Hofstetter/ Christian Steuer) in Zusammenarbeit mit Florian Göpfert

Kuratiert von Lith Bahlmann und Simon Marschke in Kooperation mit Sophia Schmitz und einem Vermittlungsprogramm von Mona Jas. Gefördert mit Mitteln des Hauptstadtkulturfonds, in Partnerschaft mit workstation - Ideenwerkstatt Berlin e.V. und der Gelben Villa, Berlin und mit Unterstütztung des Landesverband der Sinti und Roma Berlin-Brandenburg e.V. und des S.C. Lurich 02 e.V., Berlin.

skulptur im park

Am Mittwoch, den 9. Juni 2010 wird das Künstlerduo BEWEGUNG NURR gemeinsam mit Florian Göpfert das temporäre Denkmal „9841“, eine aus Beton und Stahltrossen bestehende, über eine Ringecke in den Boden absinkenden Boxringskulptur im Maßstab 1:1 im Berliner Viktoria Park einweihen.

9841 war die Häftlingsnummer Johann „Rukeli“ Trollmanns im KZ Neuengamme. Der sinto-deutsche Trollmann wurde am 9. Juni 1933 gegen Adolf Witt Deutscher Meister im Halbschwergewicht. Dies blieb sein einziger Titelkampf bei den Profis. Der mit Nazis durchsetzte Verband deutscher Faustkämpfer (VDF) aberkannte acht Tage später Trollmann den Titel wegen „armseligen Verhaltens“.
Kurze Zeit später, am 21. Juli 1933 setzte der VDF den Kampf Gustav Eder an. Die Nazis drohten Trollmann mit Entzug der Boxlizenz, wenn er in seinem Boxstil weiterkämpfe – also tanzend, aus der Distanz punktend, sich nicht auf den Schlagabtausch einlassend. Trollmann wusste von der Aussichtslosigkeit und war gezwungen die Anweisungen zu akzeptieren. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf. Als Johann Trollmann an diesem Abend in den Ring kletterte, verstummte seine Fangemeinde. Betreten sahen sie Trollmann an, der sich seine Haare demonstrativ wasserstoffblond gefärbt und seinen Körper mit Mehl bestäubt hatte. Vor ihren Augen entstand das bizarre Bild einer Karikatur des „arischen“ Kämpfers. Trollmann stellte sich breitbeinig in die Mitte des Ringes und ließ Eder angreifen. Er tänzelte nicht mehr, sondern ging stärker „Fuß bei Fuß“ in den Infight und verliert nach einem harten Schlagabtausch in der fünften Runde durch k.o. Johann Trollmanns Ausschluss aus dem Verband deutscher Faustkämpfer erfolgte schließlich im Frühjahr 1934.

1939, mit Kriegsbeginn zur Wehrmacht eingezogen, kämpfte er hauptsächlich an der Ostfront, bevor er 1942 ins KZ Neuengamme kam, wo er von Angehörigen der SS immer wieder zu einem Boxkampf „herausgefordert“ und misshandelt wurde. 1943 wurde Johann „Rukeli“ Trollmann im KZ Neuengamme ermordet.

Modell

Die Skulptur „9841“ist als Denkmal für Johann „Rukeli“ Trollmann konzipiert. Der absinkende Boxring soll an einen außergewöhnlichen deutschen Sportler erinnern, der im Jargon der Nazis als „Zigeuner“ diffamiert und Opfer des Genozid an Sinti und Roma in Europa wurde. Diesen Boxring zieht es in den Abgrund genauso wie sich ein Abgrund von Amoralität zu Beginn des Dritten Reiches aufgetan hat, in dem auch Trollmann nicht nur seinen rechtmäßigen Anspruch auf den sportlichen Titel verloren hat sondern letztlich – und mit ihm viele „nicht-arische“ Sportler – auch sein Leben.


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